Zwei Dinge gefallen mir als Anwalt in den USA besonders:
1) Mandanten beim Aufbau helfen.
2) Mandanten vom Gericht fernzuhalten.
Aufbau ist das Gegenteil des Zerschlagens. Manche Kollegen, auch die auf die erste Instanz spezialisierten Litigators in meiner Kanzlei, gehen von der Maxime Ligitation is War aus, und lieben den Streit, um den Mandanten zum Sieg zu führen. Sieg ist gut, doch vor Gerichten in den USA bleibt es meist beim teuer erkauften Pyrrhussieg. Die Nerven, die Kosten, den Zeitverlust – das kann kein Urteil ersetzen. Und die Kostenerstattung gibt es beim Sieg nach der American Rule nicht. Das bestätigen auch meine Appellate Partners, die die Revision bis zum Supreme Court durchziehen: Ein richtiges Happy End gibt es auch beim Sieg nicht.
Wenn schon ein Prozess, meine ich, dann um den Prozess im US-Gericht zu blockieren. Der fuchsteufelswilde Handelsvertreter beispielsweise droht dem deutschen Hersteller, ihn vor die Jury zu zerren, ihm mit Strafschadensersatzforderungen den roten Heller zu nehmen, ihn und seine Mitarbeiter im Kreuzverhör auf die Matte zu zwingen, und die Welt über seine Straftaten in der Misshandlung seines amerikanischen Partners zu informieren. Wutschäumend setzt er eins aufs andere.
Bis wir einen Ansatz für eine negative Feststellungsklage in Deutschland finden. Die verfasst der deutsche Hausanwalt des Herstellers. Wir liefern die Strategie. Worin bestehen die Vorwürfe deliktischer Ansprüche amerikanischen Rechts, worin die behaupteten Straftaten? Wie passen die behaupteten amerikanischen Tatbestände zu den deutschen Zuständigkeitsmerkmalen?
Mit anderen Worten: Wie kann man die Wutausbrüche so verwerten, dass die in Deutschland erhobene Klage auch wirksam die später eingereichte Klage des Wahnsinnigen in den USA unzulässig werden lässt?
Klagen: grundsätzlich besser nicht. Wenn es unvermeidbar ist, dann besser in Deutschland. Die Rechtssicherheit ist höher. Die Vorhersehbarkeit der Kosten, des Beweisverfahrens, der Belastung der Parteien lässt den deutschen Prozess deutlich vorteilhafter wirken. Wer kann schon erahnen, wie eine Jury eine theatralische Darbietung des heimischen Vertreters gegen den bösen Ausländer bewerten würde? Da geht es nicht allein um Recht und Unrecht, um Tatbestandsmerkmale und Gutachter.
Wenn man sich gegen das Risiko eines US-Prozesses entscheidet und den deutschen Rechtsweg wählt, muss der deutsche Prozess nicht unbedingt bis zum bitteren Ende dauern. Merkt der Wüterich erst einmal, dass ihm der Weg zum US-Gericht versperrt ist, wird er erst wilder. Ein Prozess im Ausland macht ihm Angst. Dann resigniert er.
So wird auch ein Vergleich zu vernünftigen Konditionen machbar. Und der Weg zum Aufbau im amerikanischen Markt ist wieder frei.