In Deutschland soll Latein für junge Juristen bei der Bewerbung statt der Banklehre den Ausschlag geben. Ich kann mich nicht daran erinnern, in Bewerbungen ein großes Latinum cum Graecum, Programmierkenntnisse oder Erfahrungen im Zeitungsaustragen angegeben zu haben, und bei den laufend eintreffenden Bewerbungen erwarte ich sie ebenso wenig wie Angaben zum Elternhaus, Familienstand oder Religion.
Geht es mit solchen Bewerbungsratschlägen darum, die jungen Juristen weiter zu verunsichern? Als Nichtbewerbungsberater und Bewerbungsempfänger will ich Bewerbungen sehen, die sich auf die Stelle und den Arbeitgeber einschießen. Alles, was nicht auf den Sinn der Bewerbung für uns und unsere Mandanten bezogen ist, ist Beiwerk oder führt womöglich zum falschen Eindruck.
Wer sich bei mir bewirbt, muss also nicht Latein oder Bankwesen, sondern meine Kanzlei und die Interessen unserer Mandantschaft studiert haben. Wer mir sagt, dass er sich mit 13 zum frühmorgendlichen Zeitungsaustragen aufschwingen konnte, bekommt vielleicht einen Bonus.
Nichts gegen Latein und Griechisch – sie vereinfachen den Einstieg in das Juristenenglisch enorm, wie auch Italienisch, Französisch oder Maltesisch.